„Man sagt: ´Wenn etwas endet, fängt auch etwas Neues an`. Leider beginnt die Restaurierungsstory mit dem recht plötzlichen Tod eines lieben Kollegen aus dem Capri Club Westerholt im September 2015. Ich, und mit mir der gesamte CCW, möchten Erich Lutz danken. Dafür, dass wir dich kennenlernen durften und wir zusammen viele schöne, spaßige und auch feucht-fröhliche Erlebnisse hatten. Durch Erichs Tod ist auch die eigentliche Freude über eine Capri-Sanierung ohne den oft jahrelangen Kampf gegen den Rost eher verhalten.

Kumpel Erich hatte den Wagen 2006 zusammen mit einem weiteren Westerholter Kollegen bei eBay USA ersteigert und er kam teilzerlegt nach einiger Zeit in Bremerhaven an. Von dort fand er den Weg in unsere Schrauberbude. Der Motor war defekt, dafür war so einiges an Teilen mit dabei. Allerdings vieles, das nicht so direkt zu dem Wagen passte. Wie zum Beispiel ein zerlegter Pinto/Lima Motor, eine US-Kreation. Einige Kolben, die nicht zugeordnet werden konnten, und noch so einiges an Kleinkram unbekannter Herkunft.

Geringe Feuchtigkeit, große Hitze

Die Karosserie war sehr gut beieinander, da zeigte sich die konservierende Wirkung der geringen Luftfeuchtigkeit in Kalifornien. Allerdings hatte die große Hitze bei der Innenausstattung ihre zerstörerische Wirkung voll entfaltet: Die Sitze waren aufgeplatzt, sogar der Schaumstoff darunter war pulverisiert. In der Gelsenkirchener Halle angekommen, wurde der Capri durch Erich, der eher noch Schraubernovize war, zerlegt und 2009 im originalen Farbton Daytonagelb neu lackiert. Zusätzlich bekam er noch eine schwarze Motorhaube, wie die GT- oder R-Modelle. Erich baute nach und nach den Motorkabelbaum ein, der Wagen bekam einen neuen Himmel vom `Clubsattler`, Front- und Heckscheibe wurden eingesetzt. Die ausgebauten Teile waren auf zwei Container und eine Wohnung verteilt.

Dieses Auto übernahm Stefan Glowatz von seinem verstorbenen Clubkollegen Erich Lutz. Der US-Import war bereits in Daytonagelb neu lackiert.

Dieses Auto übernahm Stefan Glowatz von seinem verstorbenen Clubkollegen Erich Lutz. Der US-Import war bereits in Daytonagelb neu lackiert.

Erich Lutz verstarb 63-jährig am 18. September 2015.

Erich Lutz verstarb 63-jährig am 18. September 2015.

Kalifornische Spuren im Dezember

Dann ging Erich von uns und ich übernahm den Wagen im Dezember 2015. Das Ziel war schnell anvisiert: Zum großen Treffen in Speyer 2017 wollte ich mit meinem Traum-Capri erscheinen. Beim Aufsetzen auf den Kippwagenheber gab es das erste große Staunen. Von unten war seit dem Import nichts passiert. Gar nichts! Zuerst kam daher eine Behandlung aller Falze mit Fertan, dann mit Industrie- Küchenfettlöser und an einem ziemlich feuchten Dezemberabend konnte ich mit Dampfstrahler und Lampe unter dem Wagen liegend den gröbsten Dreck kalifornischer Straßen entfernen. Anschließend wurde der restliche Unterbodenschutz entfernt und nochmals alle Falze und der Spritzbereich der Radhäuser dick mit Brantho Korrux eingepinselt. Zum Schluss erfolgte die Lackierung mittels Pistole.

Wo kalifornische Sonne strahlt...

Wo kalifornische Sonne strahlt...

Ein „strahlender“ Besitzer.

Ein „strahlender“ Besitzer.

Parallel zu den Konservierungsmaßnahmen überlegte ich, ob ich den Wagen wie von Erich geplant fertigstellen werde. Nach einiger Zeit stand jedoch mein Entschluss fest: Da man so ein umfangreiches Projekt nicht allzu oft durchzieht, soll er, wenn er fertig ist, auch aussehen wie der Capri, den ich immer haben wollte. Und das ist in etwa so wie die silber-blauen RS aus der Rennsportabteilung des Werks. Daher stand dann doch einiges an Arbeit an, bevor zum zweiten Mal die Spritzpistole gezückt werden konnte.

Alles, was bereits eingebaut war, musste zuerst wieder raus. Die riesigen, hässlichen Löcher der Frontschürze wurden „europäisiert“. Die Radläufe der tatsächlich originalen, ersten und komplett rostfreien Kotflügel wurden ganz vorsichtig ein wenig weiter ausgestellt. Viele überflüssige Löcher, die das amerikanische Zubehör hinterlassen hatte, wurden geschlossen. Spaltmaße vermessen. Im Juli 2016 ging die leere Hülle dann ein weiteres Mal zum Lackierer.

Das Werk der Betonmischmaschine

In der Zwischenzeit wurden Schrauben gesammelt und Kleinteile aufbereitet. Alles, was bereits gut geordnet, beschriftet und einsortiert war, wurde wieder ausgepackt, damit man es reinigen, strahlen, nochmal Glasperlenstrahlen und anschließend gelbchromatieren kann. Blieb nur die Frage: wie die ganzen Kleinteile vorbehandeln? Nach einigem Überlegen wurde ein alter Kanister aufgeschnitten, die Teile und einige Hände voll Glasperlen in die Betonmischmaschine vom Nachbarn gegeben und rund ging`s. Nach einigen Stunden in der Maschine und etwas Nacharbeit in der Strahlkabine war das Ergebnis schon ganz brauchbar, nach dem Beschichten sahen die Teile fast aus wie neu.

Der gesäuberte Unterboden des I-ers.

Stefans Tochter Hannah scheint hier dem Papa die Daumen zu drücken, die Kotflügel sind bereits ausgestellt.

Der gesäuberte Unterboden des I-ers. Stefans Tochter Hannah scheint hier dem Papa die Daumen zu drücken, die Kotflügel sind bereits ausgestellt.

Die Betonmischmaschine eignet sich sehr zur Teilereinigung.

Der schlaue Schrauber legt sich alles geordnet hin und beschriftet penibel.

Die Betonmischmaschine eignet sich sehr zur Teilereinigung. Der schlaue Schrauber legt sich alles geordnet hin und beschriftet penibel.

In der Frontschürze steckte US-Zubehör und hinterließ kratergroße Löcher. Die wurden zugeschweißt.

In der Frontschürze steckte US-Zubehör und hinterließ kratergroße Löcher. Die wurden zugeschweißt.

„Abfahrt“ zum Lackierer. Das gelb-schwarze Kleid verschwindet, ohne einmal die Straße gesehen zu haben.

„Abfahrt“ zum Lackierer. Das gelb-schwarze Kleid verschwindet, ohne einmal die Straße gesehen zu haben.

Der neue Lack ist drauf, in dieser Farbe wollte Stefan schon immer einen I-er haben.

Der neue Lack ist drauf, in dieser Farbe wollte Stefan schon immer einen I-er haben.

Weiter legte ich fest, dass beim Zusammenbau Achsen und Fahrwerk erste Priorität haben sollten, damit die Kiste schnellstens rollbar wird. Also wurde hier auch geschliffen, gepinselt, grundiert, lackiert.

Nachdem das Chassis mit neuer Farbe vom Lackierer zurückkam, begann im November 2016 die intensive Phase des Zusammenbaus: Achse hinten, Federbeine, Querträger, Lenkung und Bremsen waren bis zur Jahreswende 2016/17 bereits verbaut. Zur Karnevalszeit kümmerte ich mich um den Innenraum. Sitze in der Art der RS und eine brauchbare Sitzbank konnte ich auftreiben.

Allerdings war es schon recht mühsam, den originalen Breitcordstoff zu besorgen.

Da musste zunächst sogar der Sattler passen. Der Innenraum wurde grundiert, lackiert, gedämmt und abgedichtet. Gebrauchte Türpappen für vorn konnten beschafft und neue für hinten in Großbritannien nachgefertigt werden.

Der äußere Trim erstrahlte mit Hilfe des CCD in neuem Glanz: Viele Clipse und Leisten sind ja wieder lieferbar und die Bestellungen wurden von Ersatzteilmann Wolfgang Stein immer prompt bearbeitet und bestens verpackt geliefert. Schließlich musste noch der Kabelbaum, der so einige elektrische Überraschungen enthielt, zusammen mit der Beleuchtung auf deutsche Verhältnisse angepasst werden.

Auch von unten eine blitzsaubere Sache.

Auch von unten eine blitzsaubere Sache.

Ein erstes „Augenzwinkern“: Auto ist zufrieden.

Ein erstes „Augenzwinkern“: Auto ist zufrieden.

Mit der Technik ging es danach auf die Zielgerade: Clubkollege Jogi hatte noch einen vermeintlich guten 2,8-er Motor im Regal, den ich mir abholte und der eine ´Schmalspur-Überholung´ bekam: Neue Dichtungen, Köpfe planen, Fächerkrümmer, Webervergaser und ein Nockenwellensatz von Kentcams sollen fürs Erste reichen.

Erste Fahrversuche im Mai 2017

Im Mai 2017 macht der ´Ami-Capri“, der auf seiner Außenhaut übrigens nicht einen einzigen Ford-Schriftzug trägt, da er in den USA über das Lincoln/Mercury-Händlernetz verkauft wurde, die ersten kurzen Fahrversuche. Nachdem die zweite Wasserpumpe eingebaut, ein anderer Fächerkrümmer von Kollege Dirk geliehen, Thermostate getauscht und das Getriebe abgedichtet waren, kam dann Ende Mai die erste große Hürde: Hauptuntersuchung!

Erstes Probeleuchten der Armaturen vor dem Einbau.

Erstes Probeleuchten der Armaturen vor dem Einbau.

Der 2,8-er ist eingezogen.

Der 2,8-er ist eingezogen.

Für mein ´Ponycar´eine zunächst zu hohe Hürde, die gerissen wird. Beim Prüfen der Bremswirkung gibt der Bremskraftverstärker, das einzige Teil der Bremse, das nicht ersetzt wurde, prompt auf und ging fest. Beim zweiten Mal ist dann alles Paletti, die H-Abnahme und das Siegel für zwei Jahre geschafft. Und so kann es im Juni 2017 mit einem noch recht flauen Gefühl im Bauch und relativ bescheidenem Öldruck zur ersten großen Ausfahrt mit den Kollegen des Capri Club Westerholt bis nach Speyer gehen.

Insgesamt 17 intensive Werkstattmonate, mit drei bis vier kompletten Nachmittagen und vielen Wochenenden, liegen zu diesem Zeitpunkt hinter mir. So eine Schnellrestaurierung hat schon ihren Reiz, weil man schnell Fortschritte sieht. Besonders wenn es kein Rostdesaster zu überwinden gilt. Allerdings war es zum Schluss auch schon recht anstrengend. Nicht zuletzt möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei der echt beispielhaften Schraubergemeinschaft des Capri Club Westerholt, besonders bei Markus, Jogi und Dirk zu bedanken. Ohne Euch und meine wirklich tolerante Familie wär dat nix geworden. Glück Auf!“

Besitzerstolz, ganz unübersehbar.

Besitzerstolz, ganz unübersehbar.

Und fertig!

Und fertig!

[Text & Fotos: Stefan Glowatz]