Als wirklich zuverlässig stellte sich der Capri RS nicht heraus, den Walter Röhrl während der „Olympia Rallye ´72 Revival 2022“ unter anderem fuhr. Dies sah bei dem von Hans-Günther Ostkamp und Heinz Kleine pilotierten Exemplar bei derselben Veranstaltung ganz anders, viel besser, aus. Mittendrin konnte ihr Servicemann Martin Heinicke dem Großmeister gar aus der Patsche helfen. Ostkamp berichtet.
„Seit einigen Jahren fahren wir, Heinz Kleine und Hans-Günther Ostkamp, im historischen Rallyesport Gleichmäßigkeitsprüfungen auf abgesperrten Strecken. Wir gehören zur Gruppe der HRC-Starter (Historic-Rallye-Cup), die im Rahmen von Bestzeitrallyes auf den gleichen Sonderprüfungen vorgegebene Sollzeiten fahren.
Als wir von der Neuauflage der Olympia Rallye 2022 erfuhren, waren wir gleich begeistert. Auch wenn wir hier nicht so sportlich unterwegs sein würden, hat uns das Aufeinandertreffen von originalen Schauplätzen mit den Autos und Fahrergrößen von damals gereizt. Natürlich kannten wir die Geschichten der Rallye, bezogen auf die Karriere von Walter Röhrl und das in Verbindung mit dem Capri RS 2600. Genau so ein Auto setzen wir seit diesem Jahr ein. Die Olympia Rallye sollte also der ideale Belastungs- und Zuverlässigkeitstest sein.
Seit 2016 bin ich mit dem Aufbau des Autos beschäftigt. Bei den technischen Veränderungen habe ich versucht, mich an die Vorgaben der Homologation zu halten.
Das Auto in Stichpunkten
Auszug: Vorderachse mit Schubstreben und AP-Scheibenbremsen. Hinterachse mit Übersetzung 1:3,75 und Sperre ZF 45 Prozent, Fully Floading, AP-Scheibenbremse. QZ-Motor mit Kugelfischereinspritzung. Aktuell mit M. Block, 2,8 Liter und 3-fach Weber-Vergaser. ZF-5-Ganggetriebe Sport mit hydraulischer Kupplung und angepasster Kardanwelle. Waagebalkenbremse, regelbar, ohne Bkv. Kotflügel, Türen und Haube aus GFK. Plexi-Scheiben. Auspuff doppelt VA in Bodenblech eingearbeitet. Alu-Tankanlage mit Catchtank und Pumpe. Löschanlage, Sicherheitszelle, Sportsitze, 6-Punkt-Gurte. Rennsportkabelbaum, Rennsportbatterie im Heck. Halda Trip und Seed-Pilot. Das Auto wiegt circa 980 Kilogramm, es stehen diverse Radsätze zur Verfügung. Alle Änderungen sind eingetragen, der Capri hat ein H- Kennzeichen.
Wir haben uns also kurzerhand die umfangreiche Ausschreibung und Nennungsunterlagen besorgt und uns beworben. Da es mehr Bewerber als Startplätze gab, war die Freude über die Zusage groß.
Auch der zugewiesene Startplatz, zwei Plätze vor Röhrl und Freunden, war optimal.
Das Ganze geht nur im Team und wir waren froh, dass wir mit Martin Heinicke einen versierten und motorsportbegeisterten Schrauber, der uns bereits mehrfach begleitet hat, mit ins Boot holen konnten. Diesmal hat er uns über die gesamte Strecke, mit Servicefahrzeug und Anhänger, beigestanden. So konnten wir die An- und Abreise entspannt angehen.
Martin haben wir dann auch als Startfahrer eingesetzt und der erste Vormittag gehörte ihm. Nach dem Fahrerwechsel zur Mittagspause wurde mir schnell klar, dass ein klimatisiertes Servicefahrzeug so schlecht nicht war.Bei Außentemperaturen von meist mehr als 30 Grad waren im Auto die 50 Grad schnell erreicht. Und es sollte noch heißer werden. Unsere Klimaanlage bestand aus Handraushalten durch das kleine Schiebefenster der Rennsportscheiben. Aber kommt der Capri damit klar? Besser als die Besatzung, wie sich herausstellte.
2252 Kilometer durch Deutschland
Auf geht´s! 2252 Kilometer durch Deutschland in einer fahrenden Sauna. Wie man 1972 die 3371 Kilometer mit nur einer Übernachtung geschafft hat, ist uns immer noch schleierhaft. Die Woche Olympia Rallye hat uns aber mit vielen motorsportbegeisterten Menschen zusammengebracht und die vielen Zuschauer an der Strecke und bei den Etappenzielen waren unglaublich.
Ein weiteres Highlight war natürlich das Treffen mit Walter Röhrl, seinem langjährigen Beifahrer Christian Geisdörfer und dem damaligen Konkurrenten Jochi Kleint am Vorabend des Starts. Alle drei, kurz angesprochen, waren sofort bereit, am Auto Fotos zu machen. Die drei haben sich sehr für das Auto interessiert und zu guter Letzt haben sich alle drei noch auf dem Capri verewigt. Unsere Wege sollten sich während der Rallye noch mehrfach kreuzen.
Es gab nur ganz wenige Ausnahmen an der Strecke, die von unserer Ausfahrt von Kiel nach München nicht ganz so begeistert waren. Besonders dann nicht, wenn es über Wirtschaftswege oder landwirtschaftliche Betriebe ging. Alles selbstverständlich unter Einhaltung der STVO. Die Streckenführung war ausgezeichnet und ich könnte mir vorstellen, dass sie jedem touristischen Auto- und Motorradfahrer ebenso gefallen würde. Ein großes Lob auch an die Organisation. Dem Team ist es immer gelungen, den Autotross von immerhin 200 Fahrzeugen in Bewegung zu halten.
Zündspule für den „Rallye-Gott“
Die allabendliche Ankunft an den Etappenzielen war immer spannend und der Empfang für jeden Teilnehmer mit einem kurzen Interview verbunden. Mehrere hundert begeisterte Zuschauer haben die Teilnehmer jeden Abend begrüßt. In Köln wurden wir zudem vom Capri Club Deutschland empfangen, die sich im Spalier mit ihren Autos im Ziel aufgestellt hatten. Klasse! Gänsehaut!
Das zweite Mal sind wir auf Walter Röhrl und Jochi Kleint am ersten Tag nachmittags auf der Strecke getroffen. Beide auf Capri unterwegs, hatten ihre Fahrzeuge am Straßenrand abgestellt, als wir vorbeikamen. Der Röhrl-Capri wollte nicht mehr. Probleme mit der Elektrik und keine Ersatzteile in Sicht. Die fehlende Zündspule hatten wir leider auch nicht an Bord. Kurz unseren Servicemann Martin angefunkt, der den Kurs änderte und Walter Röhrl mit dem Ersatzteil von uns versorgt hat.
Walter Röhrl fiel 1972 leider vor Plattling aus und so sollte hier, 50 Jahre später, auf der Sandbahn das Aufeinandertreffen des 72er Siegers Jean Pierre Nicolas mit Röhrl ausgefahren werden. Leider funktionierte der Röhrl-Capri wieder nicht richtig und er kam nur zeitversetzt von der Startlinie. Ebenfalls unterwegs Rauno Aaltonen auf Opel Kadett und Jochi Kleint auf Capri sowie in Vertretung ihres verstorbenen Vaters die Brüder Mikkola auf einem Werks-Audi.
Sehr anstrengend war neben der Hitze im Auto das allmorgendliche frühe Startprozedere zwischen 6 und 7 Uhr. Dann die Tagesetappen von 300 bis 500 Kilometern mit durchschnittlich acht Wertungsprüfungen. Die meisten WP´s, wie auch die Verbindungs-etappen, befanden sich im öffentlichen Straßenverkehr. Am Start der WP`s meist Teilnehmerstau und eine Steigung, was der Rennsportkupplung nicht so guttat. Aber gehalten hat sie. Wenn wir hier zurückblicken, war das schon ein kleines Wunder. Bei unseren täglichen Kontrollen am Auto haben wir nicht einmal Wasser oder Öl nachfüllen müssen. Einzig die Schubstreben der Hinterachse mussten wir mehrfach nachziehen, die sich durch das häufige Anfahren gelöst haben.
Ein großartiges Erlebnis
Die WP´s selbst waren für uns zu großen Teilen Neuland und anspruchsvoll. Hier mussten wir uns erst reinfinden, was auch ganz prima geklappt hat. Die gesamte Strecke wurde nach Chinesenzeichen gefahren, was auch für uns nicht so problematisch war. Hatte man sich mal verfahren, hat man das ziemlich schnell bemerkt. Keine Zuschauer an der Strecke, dann war man falsch abgebogen. Die Orientierungsaufgaben anhand von Karten, gekoppelt mit aneinander folgenden Sollzeiten hatten da schon eher ihre Tücken. Hier hat man schnell gemerkt, welche Teams das schon öfter gemacht haben.
Für uns war es ein großartiges Erlebnis, welches wir nicht missen möchten. Wir haben uns und den Capri noch mal besser kennengelernt und auch viel über eine Form von Rallyes, die wir sonst nicht fahren. Im nächsten Jahr werden wir uns wieder auf die sportlichen Varianten des Rallyesports konzentrieren, was auch besser zum Capri passt. Ein Traum ist für uns, einmal eine der großen Rallyes mit dem Capri zu fahren, wie die Monte Carlo Historique oder die Panamericana. Mal sehen, was kommt.“
Erinnerung für die Ewigkeit: Heinz Kleine, Martin Heinicke, Walter Röhrl und Hans-Günther Ostkamp (von links) mit dem RS von Clubmitglied Ostkamp.
[Text: Hans-Günther Ostkamp - Fotos: Martin Heinicke, Marc Keiterling, & Veranstalter]