Spanisch-Rot. So lautet die offizielle Farbbezeichnung für den II-er. Mein Zweier stammt aus dem Baujahr 1975 mit dem 1300er Motor. 20 Jahre später, wir schreiben also das Jahr 1995, bin ich seit sechs Jahren mit dem Capri-Virus infiziert und besitze einen III-er.
Mein „Schneewittchen“, ein 2,3 Liter S, wurde nach einem halben Jahr Fahrzeit von April 1990 bis Dezember 1992 neu aufgebaut und ist seitdem in Betrieb. Doch die Lust auf mehr Capri lässt mich nicht los. Das hat zur Folge, dass ein Ausflug in die „Noch-Bundeshauptstadt“ Bonn ansteht. Ziel der Begierde ist ein II-er mit zwei Litern Hubraum in Silber mit Vinyldach. Leider weicht die Beschreibung des Fahrzeugs weit vom Istzustand ab. Kein Kauf.
Während der Heimfahrt werden wir auf der A2 von einem anderen III-er überholt und folgen diesem auf den nächsten Parkplatz. Nach herzlicher Begrüßung berichten wir dem befreundeten Paar von unserem Ausflug und beschreiben das Erlebte. Daraufhin bekommen wir die Info, das in Minden ein II-er im Besitz eines älteren Ehepaares ist, diese aber nicht verkaufen wollen.
Kein Verkauf? Wir sehen mal!
Sie wollen nicht verkaufen. Dennoch ist mein Interesse geweckt. Man weiß ja nie. Lars und Silvia beschaffen die Anschrift der Besitzer. Erst sind diese überrascht von meinem Anruf, äußern dann aber, dass sie sich eventuell tatsächlich von ihrem Capri trennen würden. Es folgt die Einladung nach Minden zur Fahrzeugbesichtigung.
Mir sträuben sich noch heute die Nackenhaare beim Anblick der Auffahrrampen, die der Besitzer aus Holzbohlen angefertigt hat. Es geht aber alles gut. Nur die Probefahrt startet etwas zeitverzögert. Mir fehlt einfach die Übung mit dem Choke, den dieser 1300er besitzt.
Nach der Probefahrt folgt das Verkaufsgespräch. Ich muss mir auf die Zunge beißen, als der Verkäufer mir den Preis für den fast mängelfreien Capri nennt. 20 Jahre alt und 39.333 Kilometer gefahren. Schnell sind wir uns einig und vereinbaren die Abholung 14 Tage später.
Ein mildes Dahingleiten ist mit dem 1300er immer möglich. Und wenn es sein muss, geht´s auch mal flotter...
Dann folgt die Ernüchterung. Die Eigentümer haben sich nach einem Neufahrzeug umgesehen und sind bei Volkswagen mit einem Polo fündig geworden. Und der Volkswagen-Händler hat ganze Arbeit geleistet. Sein Preisversprechen bei Inzahlungnahme des Capri liegt deutlich über dem Verkaufspreis, den mir die Besitzer ursprünglich genannt haben. Es ist die Zeit der Altauto-Rückkauf-Aktionen.
Der verpresste Haufen Altmetall
Also tief Luft holen und dann den Verkäufern vermitteln, dass aus dem Capri ein Blechklumpen wird, wenn der Händler das schöne Coupé weitergereicht hat. Mit allen möglichen Argumenten beschreibe ich den Verkäufern, wie aus ihrem schönen Auto ein fest verpreßter Haufen Altmetall wird. Dies mögen sie ihrem Capri glücklicherweise dann doch nicht antun und nach zähem Ringen gelingt es mir, den Kaufpreis um ein paar hundert Deutsche Mark in Richtung des ursprünglich vereinbarten Tarifs zu drücken.
Dann ist der Kaufvertrag unterschrieben und die erste Tour im „neuen“ Capri beginnt. Allerdings erfordert die Heimfahrt etwas Geduld. Da der Wagen nur zweimal pro Woche bewegt wurde und das nur im Stadtverkehr sind maximal 70 Stundenkilometer drin - und auch das nur widerwillig.
Im Laufe der folgenden Woche läuft der Capri aber immer besser und gleich beim ersten Besuch eines Capri-Treffens in Hoya gibt es einen Pokal in der Klasse Capri II original. Damit ist dann auch klar: der 1300er bleibt so wie ist. Die einzige Ausnahme ist ein Radio aus einem 72er Granada und dazu eine Scheibenantenne.
Mittlerweile sind wir in 2025 angekommen. 30 Jahre mit meinem II-er lassen mich zurückblicken auf viele Treffen und Veranstaltungen, bei denen das Auto eine Menge Spaß gemacht hat. Selbst bei Oldtimerrallyes war der Capri erfolgreich und auch gegenüber einem 911er Porsche hatten wir die (lange) Nase vorn. Der 1300er ist spielerisch einfach zu bewegen.
Manchmal wurden wir aufgrund der schwachen Motorisierung auch belächelt und von den Rallyemoderatoren wurde oft auf leistungsstarke Capri verwiesen. Uns hat das den Spaß nicht geschmälert und bei den Rallyes gab es immer wieder lachende Gesichter, wenn wir die Kinder unter den Zuschauern mit Capri-Sonne versorgt haben. Das und die Farbe – sie wird meist als „Orange“ identifiziert - machten uns oft zu einem der bekanntesten Fahrzeuge im Teilnehmerfeld.
Neben dem III-er als 2.3 S war der II-er mit seinen 54 PS immer „der Kleine“. Und nachdem mittlerweile noch ein I-er mit drei Litern Hubraum auf seinen Neuaufbau wartet, wird er auch immer der Kleine bleiben. Aber genau das macht ihn aus, meinen II-er in Spanisch-Rot.
Ansichtssachen...
Die schwarze Armaturenbrettblende verleiht diesem II-er eine sportliche Note. Das Radio gönnte sich André Schrader, es stammt aus einem Granada. Die Abdeckung anstelle der Uhr in der Mittelkonsole ist an ihrem Platz geblieben.
[Text & Fotos: André Schrader]