„Motiviert durch den Aufruf mit dem Begriff `Mottenkiste` habe ich nun auch die Fotokiste durchforscht und in Erinnerungen gekramt. Hier kommt meine Capri-Geschichte, ich bin Wolfgang Tjebben.
Alles begann 1987 als Führerscheinneuling. Ich brauchte ein Auto. Mir war es eigentlich egal, Hauptsache vier Räder und ein Lenkrad. Ich war es leid, auf dem Moped bei Wind und Wetter nass zu werden. Der Vater meiner damaligen Freundin, der einen Capri fuhr, sagte zu mir, es muss schon ein Capri werden, sonst wird es schwer als Schwiegersohn.
Befehl verstanden. Als Lehrling ist das Geld bekanntlich knapp, so wurde es ein II-er mit einer 1,3 Liter-Maschine und einem Jahr TÜV für 700 D-Mark.
Jung - keine Ahnung von der Technik
Ich kann mich noch an eine Geschichte erinnern, die mir in meiner Heimatstadt Emden passiert ist. Da stand ich an einer Ampel, sie stellt von Rot auf Grün. Ich erster Gang rein, dann zweiter Gang und als ich mit Schwung in den dritten schalten wollte, hatte ich den ganzen Schaltknüppel in der Hand. `Scheiße, was ist jetzt los?`Ich war jung und von der Technik noch keine Ahnung. Also habe ich meinen Kumpel angerufen, der zu der Zeit Kfz-Mechaniker-Lehrling war. Zusammen haben wir dann festgestellt, dass die Befestigung des Schalthebels, die aus einer Kunststoffmutter bestand, das Gewinde ausgelutscht hatte. Wir haben dann Isolierband drum gewickelt, dann ging es wieder.
Da mein erster Capri untenrum sehr rostig war und ich zur damaligen Zeit nicht wusste, was das heißt und welche Konsequenzen das hat, musste ich mich nach nur einem Jahr von ihm trennen. Dementsprechend ging die letzte Fahrt zum Schrottplatz und was soll ich sagen: Da stand ein roter III-er. Den musste ich einfach haben. Er hatte nämlich eine 1,6 Liter Maschine, also deutlich mehr PS!
68 PS - wenn man zuvor einen „Einsdreier“ hatte, ist so ein „Einssechser“ ein schnelles Fortbewegungsmittel.
Da fällt mir wieder eine kleine Geschichte ein. Ich kaufte mir einen Spoiler bei D&W - dem einen oder anderen wird die Firma noch etwas sagen. Nachdem ich ihn montiert hatte, fuhr ich ein paar Monate mit meinem Schätzchen herum, bis ich irgendwann nachts von der Polizei angehalten wurde. Der Polizist hat meine Papiere durchgeschaut und meinte: `Wo ist die ABE von dem Spoiler?´ Ich dachte: ´Was will der denn, eine was?´ Zur damaligen Zeit wusste ich ja nicht, dass man die Sachen, die man so an sein Auto baut, eintragen lassen muss.
Nun gut, der nette Beamte hat dann eine Anzeige geschrieben und als er fertig war, ruft sein Kollege: ´Schnell, da will jemand abhauen´. Weg waren sie mit Tatütata und ich dachte nur: `Konnte der Typ nicht 15 Minuten früher kommen?!´
Capri mit Langstreckenqualität
Nachdem ich später meine Lehre abgeschlossen hatte und nicht übernommen wurde, stand ich vor der Frage meiner Zukunft. Was nun? Ich habe mich in meinen roten Flitzer gesetzt und bin in den Süden gefahren, wo ich dann auch tatsächlich Arbeit gefunden habe. Da das Heimweh so groß war und ich zur damaligen Zeit geschichtet habe, bin ich alle zwei Wochen 750 Kilometer einfache Strecke nach Hause gefahren. Damals habe ich mir gar keine Gedanken gemacht, dass mein Auto eventuell mal liegen bleiben könnte. Und zum Glück ist es auch nie eingetreten.
Nachdem ich nach und nach immer mehr Bekanntschaften machte, wurde es dann auch besser mit dem Heimweh. Irgendjemand sagte mir dann, dass es hier einen Club geben würde. Das schaue ich mir mal an, dachte ich mir. Der Verein hieß Capri Club Schwaben, dort bin ich heute immer noch Mitglied. Ich lernte unter anderem Andreas Sonntag kennen, der damals wie heute der Vorsitzende ist. Der hat mir ein Anmeldeformular gegeben, ich habe es an Ort und Stelle ausgefüllt. Andreas fragte, ob ich nicht noch überlegen wolle. `Nein´sagte ich und dachte mir im Stillen, dass mir etwas Besseres nicht passieren könne. Allein in der Fremde, die Freunde weit weg, aber großer Spaß am Auto. Genau die richtige Option! Ich lernte immer mehr Leute kennen, die mein Hobby teilten.
Schnell bekam ich mit, dass es auch Capri mit richtig Dampf unter der Haube gab. Dies hat mich inspiriert, mir einen 2,3 Liter Super GT zu kaufen. Ich dachte wirklich, ich sitze in einem Flugzeug. Spoiler vorne, Spoiler hinten, schöne glänzende ATS, alles top gepolstert, Mittelkonsole, großes Armaturenbrett und dieser Motor. Wow, da ging richtig was! Man überlege, ich hatte vorher einen `Einssechser´.
Dieses Geschoss habe ich dann gefahren, bis ich 1990 zur Bundeswehr musste. Geld mal wieder sehr knapp, daher musste ich ihn für diese Zeit abmelden. Leider hat ihm das nicht gut getan, die Garage entpuppte sich leider als Feuchtbiotop. Mir hat das Herz geblutet!
Was nun? Ich bin dann zu dem Entschluss gekommen, das Auto zu zerlegen und die Teile zu verkaufen, was ich heute im Übrigen niemals mehr tun würde! Zur damaligen Zeit gab es keinen Club-Kameraden, der kein Teil von mir in seinem Capri hatte.
Die Probefahrt war der Hammer
Jetzt brauchte ich also einen neuen Capri. Sollte ja nicht so schwer sein, es war 1991, also nicht so lange nach Produktionsende. Mir hat ja der Werksturbo damals gefallen. Nicht einmal in erster Linie wegen des Motors, sondern wegen der Verbreiterung. Naja, so etwas war nicht zu bekommen, jedenfalls nicht zu einem für mich bezahlbaren Preis.
Ein damaliger Club-Kamerad hat mir dann einen 2,8 i schmackhaft gemacht. Dieses Fahrzeug war aus dem September 1984. Der Besitzer hatte, nachdem er das Auto mit einem Motorschaden nicht verkauft bekommen hat , eine neue Maschine für 7.500 D-Mark eingebaut. Die Probefahrt war der Hammer, ich musste das Ding haben. Nach harten Verhandlungen kamen dann 16.000 D-Mark heraus, die ich in den folgenden fünf Jahren abbezahlt habe.
Im Laufe der Jahre habe ich den Wagen dann so verändert, wie er mir gefiel. Darunter fielen auch die Stoßstangen vom II-er, was so etwas wie mein ´Markenzeichen´ ist. So gingen die Jahre ins Land bis 2008. An einem Morgen gegen 5.30 Uhr meinte ein Reh mit 25 Kilogramm, es müsse sich mir in den Weg stellen. Das war es dann erstmal mit Caprifahren. Was nun?
Die Begegnung mit dem Reh hinterließ am Capri einen nachhaltigen Eindruck.
So steht Wolfgang Tjebbens Capri heute da. Das Fahrzeug dient am Oberarm auch als Cover-Up.
Zur damaligen Zeit zerbrach gerade meine Ehe und ich hatte eigentlich andere Sorgen. Nach langer Überlegung stand fest: Ich werde ihn wieder aufbauen. Da fällt mir gerade die Geschichte mit der Versicherung ein. Der Capri war ein wirtschaftlicher Totalschaden und da man so etwas ja auch nicht jeden Tag hat, musste ich mich erst mal informieren, was dies eigentlich bedeutet. Ich bekam also von der Versicherung Geld und mein geliebtes Auto ging an die Versicherung. Die wiederum hat das Fahrzeug in ein Portal gestellt, wo nur Händler Zugang hatten. Diese konnten dann ein Angebot machen. Ein Bieter hat sage und schreibe 50 Euro geboten. Lachhaft, aber gut für mich. Was ich damals noch nicht wusste: Ich hatte das Vorkaufsrecht!
Für 50 Euro einmal retour
Das Angebot lief zwei Wochen und ich habe gebetet. Wenn jemand zu viel geboten hätte, wäre es für mich schwierig geworden. Denn je höher das Angebot, umso weniger Geld hätte ich für die Instandsetzung bekommen bis hin zu dem Punkt, wo ich ihn nicht mehr hätte halten können. Zum Glück hat niemand mehr geboten, somit habe ich mein eigenes Auto für 50 Euro zurückbekommen, was von dem Geld des Totalschadens - der übrigens bei 7.300 Euro lag - abgezogen wurde.
Von nun an bin ich dann tagsüber zur Arbeit und abends bis tief in die Nacht zu meinem Auto, da mich ja zuhause niemand mehr gebraucht hat, ausgenommen mein Sohn. Es war damals Balsam für meine Seele. Hier eine kleine Anmerkung von mir: Egal, was kommen mag, ob Geldprobleme, Ehekrise, Insolvenz oder Wirtschaftskrise. Nichts von dem sollte Grund sein, sein Hobby zu verkaufen, weil es einem auch hilft, über diese Hürden zu kommen. Dies nur als Bemerkung von jemandem, der das alles schon erlebt hat.
Nachdem ich alle betroffenen Blechteile getauscht oder repariert hatte, stand ich vor der Frage: originaler Lack oder etwas anderes? Nachdem eigentlich nur das Dach und die Beifahrertür nicht hätten lackiert werden müssen, habe ich mich entschlossen, ihn ganz zu lackieren. Dies hatte zur Folge, dass ich mich für eine andere Farbe entschied. Nun stand noch eine komplette Zerlegung an, weil ich es nicht leiden kann, wenn einer seinen Motorraum öffnet und da eine andere Farbe heraussticht. Nach zehn Monaten war ich dann fertig und konnte endlich wieder fahren. Die Arbeit hat sich gelohnt und dadurch, dass ich mit meiner Ehe abgeschlossen hatte, hatte ich wenigstens wieder etwas, was mir guttat.
Ich hatte zur damaligen Zeit auch ein Tattoo meiner Frau und das musste jetzt weichen. Ich dachte mir: ´Wer hat dich nie enttäuscht?´ Natürlich mein Capri. Also musste ein Cover-Up von meinem Baby her. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denke ich.
So gingen die Jahre weiter. 2017 war dann noch mal so ein Erlebnis der schönen Art, als ich nach über 30 Jahren in der Capri-Gemeinde meine erste Trophäe überhaupt bekommen habe. Das war für mich wie ein Ritterschlag, nur schöner.
Zum Abschluss noch ein Wort zu meinem Sohn Jannik: Er arbeitet bei Ford und fährt Capri. Versteht sich!“
[Text & Fotos: Wolfgang Tjebben]