Wolfgang Kill aus Gladbeck im Ruhrgebiet wurde auf meine Leidenschaft für den Capri und meine Tätigkeit für die Capri aktuell durch meine journalistische Arbeit aufmerksam. In mehreren Mails berichtete er mir von seinen Erlebnissen mit Capri. Einige davon gebe ich hier nun wieder, weil sie wunderbar zu unseren „Mottenkisten-Erinnerungen“ passen. Kill besaß mehrere Exemplare.
„Mein erster Capri war ein grüner GT. Das muss etwa 1969 gewesen sein. Ein 1700-er mit 75 PS. Auf dem Bild dazu ist schön zu sehen: Damals trug man noch Anzug. Und die Frau des Halters ist tatsächlich bis zum heutigen Tag noch immer dieselbe Frau.
Der zweite trug die Farbe Orange und war das 73-er Modell. Rein von der Leistung her ein riesiger Sprung nach vorn. Ein 2300-er mit 108 PS. Die `Sonderfarben` an den Sicken und auf den beiden Motorhauben waren auf meinem Mist gewachsen. Dann folgte ein Capri II, weiß mit braunem Vinyldach.
Auch Frau bewies Stil - im zeittypischen Kleid vor dem Coupé.
Als ich den bestellte, riet mir der Verkäufer im Ford-Autohaus Oder dringend ab. Ich solle doch unbedingt ein schwarzes Dach nehmen. Tat ich nicht. Als der Wagen dann neu vor uns stand, gestand er: ´Sieht ja doch gut aus´. Das war zunächst auch ein 2,3 Liter. Später bekam er noch eine stärkere Maschine. Ein `Zwosechser` mit 125 PS. Das war damals eine echte Ansage! Auch hier hatte ich in Sachen Farbe Hand angelegt: die Hutze war von mir in braun lackiert worden, ebenso kamen Streifen in dieser Farbe an die Seiten. Alles passend zum Dach.
Zum II-er gibt es eine weitere nette Geschichte. Meine Heimatstadt Gladbeck verlor genau in dieser Zeit ihr eigenes Kennzeichen (GLA). Für ein Jahr wurde einem BOT für Bottrop verpasst, danach war es dann RE für Recklinghausen. Ich wollte aber auf gar keinen Fall ein BOT am Auto haben. Daher ließ ich das Auto im sauerländischen Rüthen zu, wo wir einen Zweitwohnsitz bei einem Vetter meiner Frau hatten.
Das war die nette Geschichte zu diesem Wagen. Die unschöne hat mit dem schon erwähnten Motorentausch zu tun. Und die hatte ihren Ursprung bei einer Auseinandersetzung zum Getriebe mit Ford Oder und den Ford-Werken insgesamt während der Garantiezeit.
„Sie haben sich wohl verschaltet?“
Wir bewohnten damals Eigentum mit einer circa 30 Meter langen Zufahrt. Ergo musste man schon ein ganzes Stück rückwärts fahren, um aus dem Grundstück herauszukommen. Da geschah das Unglaubliche: Es gab einen Knall und der fast noch nagelneue Capri stand still auf der Stelle. Ich, seinerzeit zarte 23 Jahre alt, stieg aus und guckte doof aus der Wäsche.
Ich habe dann einen Blick unters Auto gewagt und da sah ich Flüssigkeit auslaufen. Ich rief also beim Autohaus Oder – wo bereits mein Vater langjähriger Kunde gewesen war – an und schilderte das Malheur. Es kam einer der Meister aus der Werkstatt und beruhigte mich: ´Na, Herr Kill, ist ja noch Garantiezeit drauf. Machen sie sich keine Sorgen´. Jau, klar! Abgeschleppt und nach einigen Tagen konnte ich meinen Capri wiederhaben. Nebst einer satten Rechnung: Ich musste mehr als 2.000 D-Mark bezahlen, weil das Werk diesen Schaden nicht als Garantieleistung anerkannt habe. Die Aussage des Werks-Ingenieur lautete: `Sie haben sich doch wohl verschaltet?` Gegenfrage: ´Wie soll man sich verschalten, wenn man schon etwa 20 bis 25 Meter rückwärts gefahren ist?`
Nun ja, um vielleicht doch an mein Geld zu kommen, musste ich bis vor das Landgericht Essen, weil der Betrag eben so hoch war. Und tatsächlich bestätigte selbst ein Gutachter die abenteuerliche Theorie von Ford. Somit blieb ich tatsächlich auf meinen Kosten sitzen.
Einziger ´Trumpf´, den ich ausspielen konnte: Das defekte Getriebe, in Einzelteile zerlegt (eine ziemlich große Kiste voller Einzelteile), habe ich mir seitens der Ford-Vertretung nach Hause liefern lassen. Somit konnten von denen zumindest keine Ersatzteile verkauft werden. Aber unterm Strich ist klar: Ich hatte sicherlich keinen guten Rechtsanwalt.
Nach Emmerich - des Tempos wegen
Ein Meister aus diesem Autohaus hatte sich zwischenzeitlich selbständig gemacht. Mit ihm habe ich anschließend über dieses Thema und andere technische Sachen geklönt. Und da ich mit der Leistung dieses V6 mit 108 PS nur bedingt zufrieden war, kamen wir auf die Idee des ´Aufpuschens´. Somit wurde ein 2,6 Liter-Motor gekauft und eingebaut. Da ich damals viel Stadtverkehr fuhr, bin ich einmal im Monat mit ordentlich Tempo die Strecke von Gladbeck nach Emmerich an der niederländischen Grenze gefahren. Hin und zurück gut 140 Kilometer. Verrückt, ich weiß...
Mit dem II-er war unsere `Capri-Karriere` dann beendet. Trotz des Ärgers mit Ford habe ich aber noch viele weitere Autos mit der Pflaume besessen. Darunter einen Escort RS 2000, einen Sierra Turnier mit Allrad und zuletzt bis vor gut zehn Jahren einen Cougar mit 170 PS.
Die Fotos sind nicht die besten Motive, vor allem die Bilder vom 73-Modell und dem II-er. Ich habe aber auch nicht geahnt, dass sich rund 50 Jahre später noch jemand für so etwas interessieren würde...“
[Text: Wolfgang Kill & Marc Keiterling - Fotos: Wolfgang Kill]