Baujahr 1978 - 2.0 S
Alexander Parczyk berichtet über seinen frühen III-er. Falsch, er berichtet über zwei frühe III-er. Brüderliche Sache halt.
„Vor vielen Jahren, als bei uns im Erzgebirge ein Ford-Händler sein neues Autohaus eröffnete, standen dort auch zwei Fahrzeuge zur Deko, die meinen Bruder Peter und mich seitdem nicht mehr losgelassen haben: ein Escort RS Cosworth und ein Capri III. Vor knapp 15 Jahren dann die Gelegenheit zum Capri-Kauf: ein Inserat und das ganz in der Nähe! Gleich angerufen, reserviert, Anhänger ausgeliehen und los. Da stand er mit ein paar kleinen Roststellen und hängender Beifahrertür. Der Wunsch nach dem Fahrzeug ließ uns das Ganze wohl etwas durch die rosarote Brille betrachten, dazu später mehr. Damals war der Capri etwa 27 Jahre alt und wir fest der Überzeugung, noch etwa drei Jahre bis zur H-Zulassung. Passt!
Es offenbarte sich ein Elend
Als erstes wurde natürlich erst einmal alles bis auf Motor und Antrieb ausgebaut. Zu der Zeit war ich viel unterwegs, sodass diese Aufgabe mein Bruder fast allein bewerkstelligte. Der Wagen wurde vorsichtig zerlegt und alle Teile in Schachteln und Kartons in mehreren Gitterboxen verstaut. In diesem Zustand machte sich dann unser III-er auf den Weg zu einem befreundeten Karosseriebauer, wo die notwendigen Blecharbeiten ausgeführt werden sollten. Beim Aufschleifen der Roststellen kam aber mehr und mehr zum Vorschein, worauf wir den Entschluss fassten, den Wagen komplett zum Sandstrahlen zu geben. Jetzt offenbarte sich uns ein großes Elend.
Neben unprofessionell ausgeführten Blecharbeiten und Schweißungen wurde auch kiloweise Spachtel freigelegt. Neue Blechteile mussten her. Zu 80 Prozent war das auch möglich und so wurden unter anderem die Kotflügel, die Radläufe sowie die hinteren Endspitzen als nachgefertigte Teile oder Reparaturbleche beschafft. Bei anderen Teilen bedurfte es schon etwas mehr Aufwand und viel Zeit am Telefon, wie zum Beispiel das Blech mit den Lufteinlässen unterhalb der Windschutzscheibe, welches sich mein Bruder dann als gebrauchtes Teil aus der Schweiz schicken ließ. Andere Teile wie die Kotflügelaufnahmen mussten selbst angefertigt werden. Alles in allem dauerte es so mehrere Jahre, wieder alle Bleche anzubringen und den Rost zu entfernen. Karosserie metallisch blank – auf zum Lackierer. Viel Vorbereitungsarbeit war noch notwendig, was natürlich auch entsprechend Zeit in Anspruch nahm. Türen und Hauben mehrfach anbauen, abbauen, Innenraum und Kanten auslackieren, und dann endlich außen. In vielen Schichten Schleifen, Lackieren und so weiter bis endlich alles im goldenen Glanz erstrahlte. Diese Farbe in Kombination mit dem schwarzen Vinyldach war ausgesucht worden.
Wieder in der heimischen Garage – inzwischen schreiben wir das Jahr 2015. Und wir holten die Gitterboxen aus dem Regal. Viele Teile, viele Schachteln und eine Kiste mit Schrauben. Eine! Das war wohl nix, vor diesem Berg standen wir nun mit einiger Ratlosigkeit. Glücklicherweise fährt der eingangs erwähnte blaue III-er aus dem Autohaus immer noch hier in der Nähe und wir kannten den Besitzer. So konnten wir viele Teile ihrem Bestimmungsort zuordnen, da der Blaue aber um einige Jahre jünger war, leider nicht alle.
So treten Brüder stilvollendet auf: Links Alexanders 2,0. Der wurde zu einem S und weist jetzt die seltene Kombination mit einer Automatik auf. Rechts Peters 2,0 GL, der zunächst nur als Ersatzteilspender vorgesehen war.
Durch einen glücklichen Umstand - und wohl nicht zuletzt, dass wir auch der Suche nach Ersatzteilen überall unsere Kontaktdaten hinterlassen hatten - wurde uns ein fahrtüchtiger 1979er GL, ebenfalls in goldiger Farbe, angeboten. Dieser sollte zunächst eigentlich als Ersatzteilspender fungieren.
Zwei Brüder, zwei Capri
Eigentlich, bald setzte sich der reizvolle Gedanke an zwei Brüder mit jeweils einem gold-schwarzen Capri durch. Der „Neue“ war deutlich besser in Schuss als sein Pendant, war recht fix fahrtüchtig gemacht und zugelassen. Somit hatte ich ein Muster zum nachschauen, wo Teile und Schrauben hingehörten.Kisten und Pakete aus ganz EuropaIn den folgenden Wochen und Monaten trafen nach und nach Kisten und Pakete zur Instandsetzung der Innenausstattung aus ganz Europa bei uns ein. Auch das neue Vinyldach, frisch von der Insel, trudelte ein. Diese Arbeit nahmen wir nun in Angriff. Hilfe fanden wir hier bei guten Bekannten aus der Car-Hi-Fi Szene, die mit der Verklebung derartiger Materialien auf allen möglichen Flächen geübt sind. Nach erster Skepsis und vielem Ziehen und Schieben wurde schließlich die richtige Position der Nähte mittels vieler Fotos gefunden und das Dach Stück um Stück beklebt. Am Ende noch mal ein komplizierter Arbeitsschritt, das genaue Abschneiden der Kanten, auch hier wieder mit Hilfe diverser Fotos. Es folgte der Einbau des Himmels, gefolgt vom Zusammenbau des Innenraums. Sämtliche Teile wurden zunächst gründlich gereinigt, die Schachtleisten erneuert und schadhafte Stellen so gut wie möglich in Ordnung gebracht. Ebenso wurden die alten Sicherheitsgurte durch neue ersetzt und die hinteren Gurte nachgerüstet, die Gewinde waren ja glücklicherweise vorhanden. Durch einen glücklichen Zufall konnte ich einen Satz Ausstellfenster für hinten erwerben, diese sollten jetzt noch schnell mit nachgerüstet werden.
Erster Kontakt zum CCD
Hier kam der erste Kontakt zum CCD gerade recht, wo mir netterweise ein entsprechendes Einschweißblech für den hinteren Fensterbereich als Muster zur Nachfertigung leihweise überlassen wurde. Da die Karosserie aber schon komplett lackiert da stand, fertigte ich diese Rahmen in Edelstahl an, ließ sie schwarz lackieren und nietete dann die mit Karosseriekleber versehenen Teile an der Karosserie fest.
Die Zeit war gekommen, Tür- und Seitenverkleidungen zu montieren, aber halt, der Bodenteppich! Hier gelang es leider nicht, äquivalenten Ersatz zu finden. Der gesamte Bodenteppich war aus einem Stück und nur je ein kleineres Loch für Handbremse und Wählhebel waren vorhanden, sonst keine weiteren Ausschnitte. Alles, was mir angeboten wurde, sah anders aus. Ein Bekannter gab mir dann eine Adresse einer Kfz-Aufbereitung. Mit deren Tipps und diversen Wundermitteln gelang es nach und nach, den Teppich von den vielen Schmutzschichten zu befreien, und auch dieser konnte wieder im Fahrzeug „Platz nehmen“.
Eine neue Scheibe musste her
Als die Frontscheibe wieder an ihren Platz sollte: der Schock! Von den Seiten her war diese blind, damit war eine Zulassung unmöglich und Ersatz musste her. Wieder konnte ich auf den CCD bauen, wo ich zunächst Infos zu den beiden verschiedenen Größen dieses Teiles erhielt und schließlich die bronzefarbige Scheibe mit Braunkeil beziehen konnte.
Etwas nackt sah der Capri jetzt noch aus, der „GL“ von meinem Bruder hatte ja die vergleichsweise dicken Zierleisten. Deshalb entschied ich mich dafür, das S-Seitendekor anzubringen, was dem Fahrzeug gut steht und keiner irreversiblen Veränderungen an der Karosserie bedurfte. Nachdem ich die gefühlten tausend Streifen gesehen habe, entschied ich mich aber, einen Fachmann um Hilfe zu bitten.
Das „Auslaufmodell“
Endlich war die Zeit der ersten Probefahrt gekommen. Die Freude war groß. Und kurz. Das Automatikgetriebe tropfte vor sich hin, der Kühler war undicht und die Bremsen funktionierten nur zum Teil. Verflucht, ein „Auslaufmodell“! Also abermals den Trailer ausgeliehen und den Wagen in eine kleine Werkstatt gebracht, wo der Meister sich aus der Lehrzeit noch an ähnliche Fahrzeuge erinnern konnte. Vorn wurden die Bremsscheiben und Klötze erneuert, die Bremssättel neu gemacht und alle Buchsen an der Aufhängung erneuert. Hinten wurden die Trommeln überarbeitet, es gab neue Radbremszylinder, neue Bremsseile und neue Leitungen rundum.
Auch der Auspuff wurde erneuert, da war dem Vorbesitzer eine geschmackliche Entgleisung unterlaufen. Es waren irgendwelche billigen Rennsport-Endrohre an die Endschalldämpfer unfachmännisch angeschweißt, wobei die Schalldämpfer irreparabel beschädigt worden waren.
Ab zur Hauptuntersuchung. Wir standen bei nasskaltem Wetter frühmorgens mit dem Capri aufgeregt vor den Toren der Prüfhalle und warteten auf Einlass. Etwas bange war uns schon, aber ein freundlich lächelnder Prüfingenieur, der sich sichtlich auf den Oldie freute, nahm uns schnell die Angst. Und tatsächlich gab es die Plakette im ersten Anlauf und ich hielt endlich die Prüfbescheinigung und die Papiere für die H-Zulassung in Händen. Auf zur Zulassungsstelle und mit dem viele Jahre immer wieder reservierten Kennzeichen im Gepäck nach Hause.
Radioausschnitt bleibt unangetastet
Der V6 klingt gut, dennoch wünschte sich meine Frau ein Radio und ich insgeheim auch. Da ein Originalteil für die abgerundete Blende nicht zu beschaffen war, entschied ich mich für den Einbau eines Retro-Radios in passender Optik. Schwarz, schwarze Knöpfe und mit grüner LED-Frequenzanzeige, sonst nichts, außer einer stilechten Motorantenne auf dem rechten Kotflügel. Der Car-Hi-Fi Spezialist - der schon das Vinyldach aufgezogen hatte - half auch hier weiter und besorgte Antenne und Radio. Eigentlich bestand das Radio nur aus einer Anzeigeneinheit und zwei Drehreglern. Eine passende Blende hierzu fertigte ich kurzerhand selbst an und baute Radio und Antenne ein.
Zu Gast in Rheinbach
Jetzt fehlten noch die Lautsprecher. Im Armaturenbrett war kein Platz (mehr) und die Türverkleidungen durften auf gar keinen Fall zerschnitten werden. Nach kurzer Überlegung entschied ich mich für so genannte Kickpanels, also Lautsprechergehäuse im - glücklicherweise sehr großzügigen - Fußraum. Diese stören dort nicht und sind nur geklemmt und nichts wurde verändert oder beschädigt. Ein paar Sachen stehen für dieses Jahr auch noch an, so unter anderem die Überholung des Lenkgetriebes und ein neues Lenkrad. Aber das sind Kleinigkeiten im Gegensatz zu den letzten 14 Jahren! Ich hoffe nun, unser 78er wird uns noch lange begleiten und so stehen für dieses Jahr auch schon einige Termine an, nicht zuletzt die Rheinbach Classics Ende Juli am Stand des Capri Club Deutschland.“
Zweimal zwei Brüder bei der ersten gemeinsamen Ausfahrt.
[Text & Fotos: Alexander Parczyk]